Ablenkung oder Chance? Smartphones in der Schule
Textnachrichten unter der Schulbank schreiben oder schnell mal die Lösung für die nächste Aufgabe nachschlagen: In Frankreich ist damit seit Ende Juli 2018 Schluss. Ein neues Gesetz verbietet internetfähige Mobiltelefone an den meisten Schulen. Auch in Deutschland diskutieren Bildungsverbände, Medienpädagogen, Lehrer und Eltern. Die meisten sprechen sich allerdings gegen ein generelles Smartphone-Verbot im Klassenzimmer aus.
Frankreich: Internetfähige Handys sind an Schulen tabu
Die Diskussion gibt es, seit es internetfähige Handys gibt: Sollen Schulen diese im Klassenzimmer erlauben oder nicht?
- Die Befürworter sehen einen Vorteil in der Erziehung zur Medienkompetenz.
- Die Gegner sehen vor allem die Gefahr der Ablenkung.
Statt dem Unterricht zu folgen, tauscht so manch ein Schüler lieber WhatsApp-Nachrichten aus, schaut Videos auf YouTube oder schlägt Antworten auf Wikipedia nach. Zudem könnten sich Schüler ausgeschlossen fühlen, die kein Smartphone haben dürfen oder deren Familie sich die Geräte nicht leisten kann. Für den Unterricht könne man digitale Medien gezielt einsetzen, die private Nutzung sollten Schulen aber untersagen, argumentieren die Gegner.
Frankreichs Parlament hat aus diesen Überlegungen heraus Smartphones an Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen verboten.
- Das Ende Juli 2018 erlassene Gesetz gilt für Schüler im Alter zwischen drei und 15 Jahren.
- Gymnasien dürfen selbst entscheiden, ob sie Smartphones im Klassenzimmer zulassen oder nicht.
Frankreichs Handyverbot: Was dürfen Schüler, was nicht?
Das Gesetz verbietet nicht nur Smartphones, sondern alle internetfähigen Geräte, also auch Tablets und Smartwatches. Schüler dürfen sie weder in der Klasse noch in andren Schulräumen oder auf dem Pausenhof benutzen. Auch bei weiteren schulischen Aktivitäten, etwa auf Ausflügen, sind internetfähige Geräte tabu. Damit Eltern ihre Kinder noch erreichen können, bleiben Handys ohne Internetfunktion erlaubt.
Eine Ausnahme sieht das Gesetz für Schüler mit Behinderung vor. Darüber hinaus können Lehrer weiterhin entscheiden, internetfähige Geräte im Unterricht einzusetzen. Per Hausordnung können die Schulen auch Bereiche auf dem Schulgelände festlegen, in denen die Kids doch zum Smartphone greifen dürfen, beispielsweise im Pausenraum.
Smartphones in der Schule: Wie ist die Lage in Deutschland?
Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer meint, das neue Gesetz befördere „Frankreich ins 21. Jahrhundert“. Auch in Deutschland ließ die Entscheidung des französischen Parlaments die Diskussion ums Smartphone im Klassenzimmer wieder aufflammen. Immerhin besitzen auch hier schon viele Grundschüler ein Smartphone. 92 Prozent der 13-jährigen haben ein eigenes Smartphone oder Handy (hierzu die Statistik auf statista.com).
In der ARD-Sendung „Hart aber fair“ forderte Psychiater und Medienkritiker Manfred Spitzer für Smartphones sogar eine Altersbegrenzung von 18 Jahren. Spitzer, Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und Autor von Büchern wie „Computer schaden Kindern mehr, als sie nutzen“, „Digitale Demenz“ und „Cyberkrank!“, ist für seine steilen Thesen bekannt. Die übrigen Diskussionsteilnehmer fanden seine rigide Forderung nach einer Altersbegrenzung auch übertrieben.
Aber wie sehen eigentlich die Regelungen zur Handynutzung an deutschen Schulen aus?
Ein Handyverbot gilt bislang nur in Bayern
Eine bundesweit einheitliche Regelung gibt es derzeit nicht. Die wäre auch schwierig zu finden, in Deutschland ist Bildungs- und Schulpoltitik schließlich Sache der Bundesländer.
Ein generelles Handyverbot an Schulen hat bislang nur Bayern eingeführt.
- Schüler dürfen ihre Smartphones zwar mitnehmen, dürfen sie aber nicht einschalten. Es sei denn natürlich, die Lehrer erlauben die Smartphone-Nutzung für den Unterricht.
In allen anderen Bundesländern können die Schulen selbst entscheiden.
- Vielerorts gilt die Regel: Smartphones sind okay, aber nur, solange sie tonlos und unsichtbar bleiben.
Dem Digitalverband Bitkom zufolge berichten zwei Drittel der deutschen Schüler davon, Smartphones im Unterricht nicht nutzen zu dürfen. Für 18 Prozent gilt ein generelles Handyverbot an ihrer Schule.
Studie sagt: Schüler lernen besser ohne Smartphones
Internetfähige Geräte können im Unterricht sinnvoll eingesetzt werden. Kinder lernen, im Internet zu recherchieren, Informationen zu bewerten und ihre Daten zu schützen. Die Realität zeigt aber auch, dass eine derartige Medienerziehung im Klassenzimmer noch selten ist. Statt für den Unterricht nutzen viele Kids das Smartphone zur Ablenkung.
Das bestätigt auch eine repräsentative Umfrage von Bitkom.
- 70 Prozent der Schüler nutzen ihr Smartphone demnach, um in der Schule mit anderen Schülern zu chatten.
- 45 Prozent lesen Nachrichten in sozialen Netzwerken, jeder dritte Schüler schaut sich Videos an.
- Jeder Zehnte gibt zu, schon einmal mit Hilfe des Smartphones bei Klassenarbeiten zu schummeln.
Eine britische Studie mit dem Titel „Ill Communication: Technology, distraction & student performance“ hat untersucht, welche Auswirkungen die Ablenkung durch Smartphones auf die Schüler hat. Die Tester analysierten Prüfungsergebnisse aus Schulen in vier englischen Städten, einmal vor und einmal nach der Einführung eines Smartphone-Verbots.
Das Ergebnis:
- Nach dem Smartphone-Verbot im Klassenzimmer erzielten die Schüler eine im Schnitt um 6,41 Prozent bessere Leistung.
- Eine besonders positive Auswirkung hatte das Smartphone-Verbot demnach auf eher leistungsschwache Schüler.
- Sie konnten ihre Leistungen um bis zu 14,23 Prozent verbessern.
Die Studienautoren schließen daraus, dass Smartphones vor allem für Schüler eine Ablenkung darstellen, die ohnehin Probleme haben, dem Unterricht zu folgen. Ein Smartphone-Verbot könnte einen Ausgleich zwischen stärkeren und schwächeren Schülern fördern.
Was sagen Lehrer, Eltern und Bildungsverbände zum Handy-Verbot an deutschen Schulen?
Die britische Studie scheint die Argumente für ein Handy-Verbot im Klassenzimmer zu bekräftigen. Ein generelles Smartphone-Verbot nach französischem Vorbild stößt in Deutschland jedoch eher auf Ablehnung:
- Der bayerische Elternverband möchte zum Beispiel das derzeitige Verbot lockern. Auch der Bundes-Elternrat spricht sich gegen ein grundsätzliches Smartphone-Verbot aus. Handys würden zwar den Unterricht stören. Viele Schulen seien aber technisch noch nicht gut genug ausgestattet, um ganz auf Smartphones verzichten zu können.
- Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) äußerte sich im Deutschlandfunk kritisch zu einem Verbot und plädiert für klare Vereinbarungen durch die Schulleitung. Gesetzliche Vorgaben durch das Bildungsministerium lehnt er ebenfalls ab. Die Forderung: Schulen sollten ihrem Erziehungsauftrag nachkommen und Kinder in Medienkompetenz unterrichten.
- Dieses Ziel verfolgt auch das Netzwerk Digitale Bildung. Schulen sollten Kinder und Jugendliche im verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones und digitalen Medien fördern, heißt es dort. Leider sähen viele Schulen im Handy aber eher eine Ablenkung und wüssten es selbst nicht sinnvoll einzusetzen.
Für ein Smartphone-Verbot spricht sich derweil der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, Andreas Fischer, aus. Der Nachrichtenagentur dpa gegenüber sagte Fischer, er halte das Verbot aus medienpädagogischer Sicht für sinnvoll. Zur Medienkompetenz gehöre es auch, nicht immer online zu sein.
Was denkst Du: Sind Handys in der Schule okay oder nicht?
Was denkst Du über ein generelles Smartphone-Verbot an der Schule? Sollten lediglich Einschränkungen gelten oder bist Du für ein generelles Verbot? Welche Regelungen hältst Du für sinnvoll? Ich freue mich auf Deine Meinung in den Kommentaren.