Machen Smartphones schlaflos? Fakten zum Einfluss der mobilen Technik auf den Schlaf

Machen Smartphones schlaflos?
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Wir schlafen immer weniger und viele beklagen Einschlafprobleme oder nächtliches Aufwachen. Ist das einfach nur eine Erscheinung unserer Zeit? Das moderne Leben, das uns schlaflos macht? Der Tribut, den der Stress des Alltags fordert? Manche geben auch Tablets und Smartphones die Schuld daran. Schließlich kann sich mancher von den Geräten gar nicht mehr lösen und chattet bis tief in die Nacht, spielt spannende Games oder schaut sich Videos online an, obwohl er schon längst sanft träumen sollte. Das hält wach.

Aber den gleichen Vorwurf könnte man auch einem Buch machen, das einfach so spannend ist, dass es Dich abends fesselt und nicht zur Ruhe kommen lässt. Oder liegt es am Licht der Smartphones, dass sie den Schlaf unterdrücken? Was stimmt wirklich und was ist einfach nur ein urbaner Mythos?

Fakten aus der Schlafforschung: Rauben uns Smartphones den Schlaf?

Warum Smartphones angeblich wach machen

„Früher war alles besser, auch der Schlaf.“

So lautet zumindest die Einschätzung vieler, die der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und Tablets mit Sorge entgegensehen. Angeblich würde genau dies den Nachtschlaf stören. Aber warum eigentlich?

Mobile Endgeräte produzieren mit ihren Bildschirmen Licht. Um einschlafen zu können sollte es aber eher dunkel sein. Zum Schlafen muss das Gehirn das Schlafhormon Melatonin ausschütten und dies geschieht bei Dunkelheit. Helles Licht am Abend kann die Freisetzung des Melatonins unterdrücken. Ergebnis: die Müdigkeit bleibt aus.

Man bleibt wach, wird nicht schläfrig, muss aber am nächsten Morgen meistens trotzdem früh raus und ist dann entsprechend schlapp. Der wachmachende Effekt gilt besonders für Licht mit hohem Blauanteil, wie es von Smartphones ausgesendet wird. Denn blaues Licht macht den Körper munter – genauso wie der höhere Blauanteil in den Lichteinflüssen der aufgehenden Sonne am Morgen.

Das hat einst dem Höhlenmenschen signalisiert, dass es nun Zeit ist, seinen Unterschlupf zu verlassen und auf Jagd zu gehen. Oder Beeren zu sammeln. Oder was auch immer der Höhlenmensch damals – ohne Smartphone wohlbemerkt- eben gemacht hat. Der blaue Anteil im Sonnenlicht des frühen Morgens besitzt wachmachende Effekte, stoppt die Melatoninausschüttung im Gehirn und ist das Signal für Aktivität. Dieser Einfluss wird auch Displays und Bildschirmen nachgesagt.

Das blaue Licht der Bildschirme

Dass blaues Licht solche Effekte haben kann, ist bereits länger bekannt. Schon 1988 untersuchte eine Forschergruppe um den Biomediziner George C. Brainard von der Thomas Jefferson University im US-Staat Pennsylvania die Effekte von Lichteinflüssen unterschiedlicher Wellenlänge auf die Melatoninausschüttung. Sie fanden heraus, dass Licht das Melatonin hemmt.

Smartphones blaues Licht

Der hohe blaue Lichtanteil senkt den Ausstoß von Melatonin und macht uns damit wach bzw. nicht müde.

Dies war besonders bei Wellenlängen im Blauspektrum der Fall und trat schon bei sehr geringen Lichtintensitäten auf, die einem schwachen Dämmerlicht entsprechen. Spätere Studien konnten zeigen, dass das Nutzen von eReadern im Bett die Zeit bis zum Einschlafen verlängert und den Traumschlaf verzögert. Nicht nur der Sonnenaufgang besitzt also einen hohen Anteil blauen Lichts, sondern auch so mancher Bildschirm, dessen Helligkeit Dir bei PC, Notebook, eReader oder Smartphone entgegenleuchtet.

Du hast im Smartphone gewissermaßen Deinen eigenen kleinen Sonnenaufgang immer dabei. Nur was passiert, wenn Du abends auf das Display schaust?

Studien belegen: Smartphones können den Schlaf verzögern

Eine Forschergruppe der Universität Koblenz untersuchte kürzlich die Smartphonenutzung vor dem Einschlafen (Strube, In-Albon, Weeß, 2016).

Zielgruppe waren Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 20 Jahren. Die Befragten gaben an, dass sie häufig noch in den letzten 10 Minuten vor dem Schlafengehen mit dem Smartphone beschäftigt sind. Wer das Gerät nachts neben das Bett legte wurde auch öfters ungewollt von Meldungen oder Nachrichten geweckt und fühlte sich tagsüber subjektiv weniger wach.

Ein norwegisches Forscherteam (Hysing, Pallesen & Stormark et al., 2015) untersuchte beachtliche 10.220 Jugendliche und befragte die Teilnehmer, welche elektronischen Geräte sie kurz vor dem Einschlafen verwenden. Auch der Medienkonsum tagsüber wurde erfasst.

Es zeigte sich, dass die Mediennutzung vor dem Schlafengehen die Spanne bis zum Einschlafen verlängert und zu einem Mangel an Schlaf führen kann. Unklar bleibt aber die Frage, was die Ursache und was die Wirkung ist. Denn bei diesen Untersuchungen handelt es sich um Querschnittstudien. Das heißt, alle Daten wurden zu einem Zeitpunkt erhoben. Die Teilnehmer wurden etwa durch Interviews und Fragebögen zur Mediennutzung und zum Schlafverhalten befragt. Vielleicht vertreiben sich diejenigen, die ohnehin schlecht einschlafen können, mit Fernsehen, PC und Smartphone nur die Zeit bis sie müde werden?

Und was nun? Am besten abends kein Smartphone mehr nutzen? Nicht so voreilig!

Um einzuschätzen, welche Folgen die Smartphonenutzung am Abend hat, hilft der Blick auf ein schon viel länger genutztes Medium – das Fernsehen.

Lange Zeit stand auch der Fernseher unter Generalverdacht, für schlechten Schlaf verantwortlich zu sein. Wer abends Fernsehen schaue, würde länger wach bleiben und nur schwer in den Schlaf finden, hieß es. Die Studienlage ist nicht eindeutig; manche Forscher berichten eine verkürzte Schlafdauer und späteres Einschlafen durch abendliches Fernsehen. Andere finden keinen Einfluss oder sehen nur Veränderungen bei bestimmten Schlafstadien (z.B. dem leichten Schlaf).

Auffällig zudem: Viele finden es gerade hilfreich, vorm Fernseher einzuschlafen und dämmern gern beim abendlichen Programm auf dem Sofa weg. Manche nutzen den Fernseher sogar gezielt als Einschlafhilfe, wie eine Umfrage der „Apotheken Umschau“ und der „GfK Marktforschung“ zeigte.

In einer anderen, schon etwas älteren Studie benannte mehr als ein Drittel der Befragten, dass sie den Fernseher als Einschlafhilfe verwenden und ein Fünftel der Studienteilnehmer berichtete sogar, dass sie mit PC-Spielen am Abend besser einschlafen (Eggermont & Van den Bulck, 2006). Hier deutet sich ein sehr interessanter Punkt an: Das, was angeblich wach machen soll, scheint manchen beim Einschlafen zu helfen.

Medien als Einschlafhelfer

Wenn das Fernsehen angeblich wach machen soll, warum funktioniert es dann als Einschlafhilfe?

Fernsehen als Einschlafhilfe

Auch der Fernseher wird gerne als Einschlafhilfe verwendet – dann kommt es aber auf das richtige Programm an …

Dies hat psychologische Ursachen. Fernsehen lenkt ab. Es dudelt etwas im Hintergrund, Du schaust hin, hörst ein wenig zu und genau das lenkt Dich von unangenehmen Gedanken ab, die Du vielleicht ansonsten im Kopf hast. Denn viele Menschen können genau deswegen nicht einschlafen, weil Sie sich Sorgen machen, über den vergangenen Tag grübeln und sich in negative Gedanken verheddern – das passiert oft automatisch.

Du fängst an, Dich zu ärgern, dass Du nicht schläfst, grübelst immer mehr, machst Dir Sorgen, dass Du früh aufgrund des Schlafmangels müde bist usw. – ein Kreislauf. Wer an Negatives denkt, der bleibt munter, denn die Gedanken lösen eine Stressreaktion im Körper aus. Fernsehen hingegen lenkt von solchen Gedanken ab und sorgt dafür, dass Du Dich nicht über Deine negativen Gedanken innerlich aufregst. Daher funktioniert Fernsehen als Einschlafhilfe. Wer das Fernsehen zum Einschlafen nutzt, schläft aber auch kürzer als andere und fühlt sich häufiger müde (Eggermont & Van den Bulck, 2006). Dies kann daran liegen, dass der Schlummernde durch den weiter laufenden Fernseher häufiger geweckt wird und somit wiederholt nachts aufwacht.

Exkurs zu den Lerchen und Eulen / Was Studien über die Mediennutzung am Abend vergessen

Jugendliche und junge Erwachsene werden später müde als Kinder oder Ältere. Genau diese Gruppe wurde in vielen der Studien untersucht, weil sie auch am häufigsten verschiedene Medien nutzen. Zudem wurden persönliche Unterschiede in den Studien kaum berücksichtigt. Denn hier spielen inter-individuelle Eigenschaften eine Rolle, wie es ein Forscher formulieren würde.

Lerchen und Eulen

Lerchen sind Frühausteher und gehen abends zeitig zu Bett. Eulen hingegen sind in der Regel Langschläfer, dafür aber abends und nachts produktiv.

Kurzum: Jeder Mensch ist anders. So gibt es etwa den Unterschied zwischen Lerchen- und Eulentypen.

  • Lerchentypen sind Frühaufsteher; dies sind Menschen, die bereits am frühen Morgen fit und aktiv sind, die dafür aber auch abends zeitig müde werden. Langes Weggehen oder durchtanzte Nächte sind absolut gar nichts für Lerchen.
  • Eulen sind Nachtschwärmer. Wer zum Eulentyp gehört, geht gern spät schlafen, weil er einfach nicht so zeitig müde wird. Im Gegenzug schläft die Eule gern aus – richtige Langschläfer eben.

Diese Unterschiede sind ein Stück weit genetisch bedingt. Wenn Lerchen auch im Sommer zeitig schlafen gehen, dann ist es manchmal draußen noch hell. Sie müssen also das Licht aussperren und die Fenster abdunkeln. Denn Lerchen reagieren sehr empfindlich auf Licht und fühlen sich dadurch eher gestört. Eulen sind entspanntere Schläfer und können häufig auch bei Licht einschlafen und weiterschlafen, wenn es früh bereits wieder hell ist. Sie reagieren also weniger empfindlich auf Helligkeit.

Warum Eulen abends gern zum Smartphone greifen

Nur leider müssen nicht nur die früh hellwachen Lärchen, sondern auch die Eulentypen früh zur Schule, zu Ausbildung, zum Studium oder auf Arbeit. Der Wecker mahnt erbarmungslos zum zeitigen Aufstehen, auch wenn Eulentypen lieber noch weiterschlafen wöllten. Ihnen fehlt dann Schlaf. Weil sie aber nicht an das frühe Einschlafen gewöhnt sind und es einfach nicht ihrem Typ entspricht, bleiben sie abends dennoch länger wach und werden später müde.

Bisher wurde das in Studien noch nicht untersucht, aber es kann vermutet werden, dass gerade diejenigen abends zum Smartphone greifen, die ohnehin noch wach liegen – nämlich die nachtaktiven Eulen. Vielleicht ist genau das die Personengruppe, die in den Umfragen und Studien angab, abends gezielt zu Smartphone und Co. zu greifen, um in den Schlaf zu finden? Schließlich wird doch kaum jemand etwas extra als Einschlafhilfe nutzen, wenn es ihn nicht tatsächlich schläfrig machen würde.

Ist das Smartphone abends nun hilfreich oder nicht?

Bei der Frage nach dem Einfluss des Smartphones auf den Schlaf kann man ein zweideutiges „Es hängt davon ab…“ antworten. Wenn Du vor dem Schlafengehen oder im Bett noch ein wenig chattest oder spielst, Dir etwas online anschaust oder liest, dann kann dies verschiedene Effekte haben.

  1. Der erhöhte Blauanteil im Licht kann tatsächlich etwas munter machen und dazu führen, dass das Schlafhormon Melatonin erst später oder vermindert ausgeschüttet wird. Demnach würdest Du etwas länger wach bleiben. Das gilt aber vor allem für Menschen, die sehr empfindsam auf Licht regieren. Denn hier ist jeder anders.
  2. Frühaufsteher („Lerchen“) reagieren sensibler auf Licht. Sie kann es tatsächlich wach machen und vom Schlafen abhalten.
  3. Langschläfer („Eulen“) sind häufig nicht so lichtempfindlich und nutzen Fernsehen oder Smartphone auch gezielt als Hilfe zum Einschlafen. Denn das Smartphone lenkt etwas ab.
  4. Wenn Du ansonsten dazu neigst, zu grübeln oder Dich ärgerst, weil Du nicht schlafen kannst, kann das Lesen oder Spielen mit dem Handy Deine Gedanken fesseln, sodass Du besser müde wirst, anstatt Dich unruhig und verärgert über den fehlenden Schlaf hin und her zu wälzen. Der Effekt, dass Dich das Smartphone ablenkt, kann entscheidender sein als der leicht wachmachende Einfluss des blauen Bildschirmlichts.

So macht das Smartphone Dich nicht ungewollt wach

Ob Du eher Lerche oder Eule bist, kann beeinflussen, ob Dir Licht am Abend eher schadet und Dich wach macht oder ob das Smartphone vielleicht sogar eine Einschlafhilfe für Dich sein kann.

Probiere es am besten einfach aus und teste, ob Du mit oder ohne Smartphone am Abend besser schläfst. Sinnvoll ist es aber, das Smartphone in einer bequemen Position zu nutzen, etwa auf dem Kopfkissen liegend, damit Du nicht durch eine unbequeme Körperhaltung wach gehalten wirst.

Zudem solltest Du das Display eher dunkel einstellen, damit die Lichtintensität nicht zu hoch ist. Praktische Apps wie f.lux färben den Bildschirm in Orange oder Gelb ein und reduzieren damit den Blauanteil im Licht. Vielleicht bietet Dein Smartphone auch die Möglichkeit, den Gelbanteil des Bildschirmes abends manuell zu erhöhen. Schalte aber Geräusche und Töne aus, damit diese Dich nicht wecken können, wenn Du dann doch eingeschlummert bist.

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Andrea von smartphonepiloten.de

Hallo, ich bin Andrea und blogge bei den smartphonepiloten zu aktuellen Mobilfunktrends und spannenden Angeboten rund ums Telefonieren. Ich entdecke gern Neues und teste innovative Ideen.

Artikel & Beiträge von Andrea Augustin

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